Die Zukunft der medizinischen Information

Bessere Früherkennung von Brustkrebs

Künstliche Systeme lernen aus Beispielen und können nach einer sogenannten Trainingsphase diese nachfolgend verallgemeinern – das ist „machine learning“ (maschinelles Lernen, ML). Diese Art der Künstlichen Intelligenz (KI) ist in aller Munde, seit der Chatbot ChatGPT Ende 2022 für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich wurde.

Es wird also nicht „auswendig gelernt“, sondern es werden in den Datensätzen Muster und Regelmäßigkeiten erkannt – also Generierung von Wissen aus Erfahrung. Mithilfe von selbstlernenden Algorithmen erfolgt die praktische Umsetzung. Mögliche Anwendungen in der Medizin gibt es viele.

Beim Krebskongress 2022 beschäftigte sich eine Session mit der Frage, wie künstliche Intelligenz die onkologische Versorgung unterstützen kann – darüber hatten wir hier schon berichtet (Link). Dabei ging es vor allem um die Beurteilung von diagnostischen und genomischen Daten, die dann im Tumorboard besprochen werden – etwa zur Frage Chemotherapie vs. Antihormontherapie.

Auch beim Mammografiescreening geht es um die Erkennung von Mustern. Ein immer wieder diskutiertes Thema sind hier die falsch-positiven Ergebnisse im Screening. Diese können für die Patientin zu seelischer Belastung sowie zu körperlichen Belastungen durch die daraus folgende invasive Diagnostik führen.

Eine Studie von 2022 hatte gezeigt, dass KI-gestützte Systeme das Potenzial haben, die Rate an Intervallkarzinomen im Mammografiescreening zu reduzieren (Link). Auch bei der Mammasonografie ist der Einsatz von KI längst Realität und betrifft derzeit hauptsächlich zwei Themengebiete: Detektion im Rahmen der automatisierten Sonografie (ABUS, „automated breast ultrasound“ oder ABVS „automated breast volume scan“). Dazu gehört auch eine erste Einschätzung der Dignität eines Befundes.

E-Rezept: Durchbruch oder Zombie?

Der bundesweite Rollout des elektronischen Rezepts (E-Rezept) hat am 1. Juli 2023 begonnen. Vertragsärztinnen und -ärzte sind nach den Plänen der Bundesregierung dann ab dem 1. Januar 2024 verpflichtet, für verschreibungspflichtige Arzneimittel E-Rezepte auszustellen. So ist der Stand zumindest heute, nachzulesen auf der Website der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (www.kbv.de).

Aber dieser Tag war ja bislang nicht in Stein gemeißelt, sondern wurde schon mehrfach verschoben … Und so stellen wir uns natürlich die Frage: Ist das jetzt der Durchbruch oder wieder nur ein Zombie, der hier aufpoppt? In letzter Zeit war es in der Presse auffallend still geworden, selbst hier im Blog ist uns das E-Rezept seit Mai 2023 keinen Eintrag mehr wert gewesen.

Das E-Rezept lässt sich seit Juli 2023 via elektronische Gesundheitskarte (eGK) in Apotheken einlösen. Das funktioniert so: Der Patient erhält vom verordnenden Arzt die Information, dass für ihn ein Rezept auf dem Rezeptserver der Telematik hinterlegt ist. In der Apotheke steckt er die Karte ins Lesegerät und schwupp kann das Rezept vom Server abgerufen werden.

Das klingt einfach – aber ist es das auch? Eine der Testregionen ist Westfallen-Lippe und über die praktischen Erfahrungen, die man dort gemacht hat, führte die Ärzte Zeitung ein ausführliches Interview mit dem stellvertretender IT-Leiter der KVWL, Jakob Scholz. Lesenswert.

 

Interview mit Jakob Scholz in der Ärzte Zeitung

Google-KI: Med-PaLM2

Google plant, den Zugang zu seinem Sprachmodell Med-PaLM 2, das speziell für medizinische Informationen trainiert wurde, für Kunden im Gesundheits- und Life-Sciences-Bereich von Google Cloud zu erweitern. Ein begrenzter Kundenkreis testet die KI, genannt Med-PaLM 2, seit April, darunter das gewinnorientierte Krankenhausunternehmen HCA Healthcare, die Non-Profit-Organisation Mayo Clinic und der Anbieter von elektronischen Gesundheitsakten Meditech.

Med-PaLM hat sich als erstes KI-System durch das Bestehen von Fragen im Stil der US-amerikanischen medizinischen Lizenzprüfung hervorgetan. Das Hauptziel dieses Modells ist es, medizinisches Personal wie Ärzte und Pflegekräfte in ihren Arbeitsabläufen zu unterstützen und nicht zu ersetzen.

Trotz des Potenzials der KI gibt es Bedenken hinsichtlich der ethischen Nutzung, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und Patienteneinwilligung. Google hat jedoch klargestellt, dass Med-PaLM 2 nicht auf der Grundlage von Patientendaten trainiert wird und die Datenkontrolle bei den Kunden bleibt.

Medical Education: Avatare im Einsatz

Im digitalen Zeitalter haben Avatare ihren Weg von sozialen Medien und Videospielen in die medizinische Fortbildung gefunden, wo sie innovative Möglichkeiten bieten, das Lernen zu revolutionieren. Ein Avatar ist ein digitales Abbild einer Person, oft in Form einer animierten Figur. In der medizinischen Fortbildung können diese Avatare als virtuelle Patienten, Lehrer oder sogar als virtuelle Kollegen eingesetzt werden.

Aber nicht nur in der Bildung, sondern auch im Marketing zeigen Avatare ihr Potenzial. Sie können beispielsweise zur Vorstellung neuer Kurse für die ärztliche Fortbildung (Beispiel unten: www.arztCME.de) oder als animierte Sprecher in Newslettern im Videoformat eingesetzt werden.

Der Einsatz von Avataren ermöglicht ein interaktives Lernerlebnis, bei dem Medizinstudenten mit virtuellen Patienten interagieren, Diagnosen stellen und Behandlungspläne entwickeln können, ohne reale Patienten zu gefährden. Darüber hinaus bieten Avatare eine konsistente Lernerfahrung, da jeder Student mit demselben „Patienten“ arbeiten kann, was eine standardisierte Bewertung und Rückmeldung ermöglicht. Ein weiterer Vorteil ist die Flexibilität, da Avatare jederzeit und überall verfügbar sind, was ein zeitlich flexibles Lernen ermöglicht.

Trotz dieser Vorteile gibt es Bedenken gegenüber dem Einsatz von Avataren in der medizinischen Ausbildung und im Marketing. Einige Kritiker argumentieren, dass die Interaktion mit einem Avatar niemals die reale menschliche Interaktion ersetzen kann, die für das Erlernen von Kommunikationsfähigkeiten und Empathie unerlässlich ist. Außerdem könnten technische Hürden auftreten, da nicht jeder technisch versiert ist. Datenschutz und Datensicherheit sind ebenfalls wichtige Aspekte, insbesondere wenn reale Patientendaten für die Simulation verwendet werden.

Dennoch bietet der Einsatz von Avataren in der medizinischen Fortbildung und im Marketing viele spannende Möglichkeiten und kann das Lernen und die Kundenbindung erheblich bereichern, solange die Herausforderungen erkannt und adressiert werden. Mit der richtigen Balance können Avatare ein wertvolles Werkzeug in der modernen medizinischen Ausbildung und im digitalen Marketing sein.

 

Telemedizin bei Herzschwäche – positive Daten

Neben Pleiten, Pech und Pannen gibt es in der Telemedizin durchaus auch echte Erfolgsgeschichten. Etwa diese: Seit Anfang 2022 haben gesetzlich Versicherte mit einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz Anspruch auf eine kontinuierliche telemedizinische Betreuung. Ziel ist es, durch die laufende Beobachtung von Gesundheitsdaten kritische Veränderungen sofort zu erkennen.

Dazu sollen Patienten täglich wichtige Vitaldaten wie Körpergewicht, Herzrhythmus, Blutdruck oder Selbsteinschätzung ihres Allgemeinzustandes erheben und auf digitalem Weg – etwa per App – an ein Telemedizinisches Zentrum übertragen. Dort werden die eintreffenden Daten geprüft und bei Bedarf Kontakt mit dem Patienten oder der behandelnden Arztpraxis aufgenommen.

Nach einer Zwischenbewertung zieht die Techniker Krankenkasse (TK) jetzt ein positives Fazit für diesen Dienst: „Das Telemonitoring führt zu einer echten Verbesserung der Situation herzkranker Patientinnen und Patienten, die am Erfolg ihrer Therapien aktiv beteiligt sind. … Es ist eine enorme Erleichterung für die Betroffenen, wenn digitale Lösungen helfen, Klinikaufenthalte zu vermeiden, und ihre Lebensqualität positiv beeinflussen.“

Die beteiligten Kardiologen sehen das ähnlich: „Patienten sind besser über ihre Erkrankung informiert und können Zusammenhänge, etwa zwischen Körpergewicht und Medikation, besser verstehen. So gelingt es, dass sie nicht nur seltener stationär behandelt werden müssen, sondern auch selbstbestimmter und länger leben.“

Mit diesen guten Nachrichten verabschieden wir uns in die Sommerpause über den August. Ab 4. September 2023 kommentieren wir wieder wie gewohnt die Entwicklungen rund um die Zukunft der medizinischen Information. Wir wünschen Ihnen einen schönen Sommer mit moderaten Temperaturen und einer guten Erholung.

 

Quelle: Pressemeldung der Techniker Krankenkasse