Jahresrückblick 2022

Am Ende des letzten Jahres hatten wir schon vermutet, dass die Corona-Pandemie etwas von ihrem Schrecken verloren habe. Das war richtig. Dafür kamen allerdings auf die Gesellschaft ganz neue Schrecken zu, die sich vor einem Jahr noch niemand erträumt hatte. Nur zwei Stichworte: Ukraine, Gasmangellage.

Fokussieren wir uns besser auf die Themen, die uns in diesem Jahr Gelegenheit gegeben haben, wieder einige Zeilen in diesem Blog zu füllen. Die Pandemie hat, wenn auch der Virus-Ursprung noch unklar ist, die Nutzung medizinischer Informationsangebote dauerhaft verändert und die digitale Fortbildung in all ihrer Vielfalt beflügelt. Videosprechstunden gewinnen an Boden, neue Medizin-Apps kommen zu dem bereits jetzt fast unüberschaubaren Angebot hinzu. Künstliche Intelligenz wird das prognostizierte Top-Thema werden, denn Angebote wie ChatGPT schreien ja förmlich nach einem Einsatz im medizinischen Umfeld.

Die Frage, ob die Digitalisierung des Gesundheitswesens Fluch oder Segen ist, gehörte auch 2022 zu den Kernthemen dieses Blogs. Über das Chaos beim Konnektor-Update haben wir mehrfach berichtet – ein weiterer unschöner Aspekt in der endlosen Geschichte der elektronischen Gesundheitskarte und ihrer Infrastruktur. Wir blicken schon jetzt mit hohen Erwartungen auf das große Digitalisierungsgesetz, dass Minister Lauterbach für die erste Jahreshälfte 2023 auf der Digital Health Conference des Branchenverbandes bitkom im letzten Monat angekündigt hatte.

Was wird Sie im nächsten Jahr noch erwarten? Neue Gastautoren werden in unserem MedicalLearning-Blog ihre Erkenntnisse und Meinungen mit uns teilen. Wir, die Herausgeber, freuen uns schon auf die Unterstützung und neue Sichtweisen.

Und nun verabschieden wir uns erst einmal in die Winterpause. Ab dem 16. Januar 2023 sind wir wieder mit neuen Beiträgen für Sie da. Wir wünschen Ihnen eine entspannte Zeit und alles Gute für 2023.

Ursprung unbekannt?

In den Medien war „Corona“ lange Zeit omnipräsent. Schutzmaßnahmen und Impfungen wurden landauf und -ab teils hitzig diskutiert, alle kennen dies aus persönlicher Erfahrung. Eine immer wiederkehrende Frage bleibt unbeantwortet: wo hatte dieses Virus seinen Ursprung? Entstammte es einem chinesischen Laborunfall, war es ein Produkt der Evolution oder wurde es gar absichtlich in die Welt gesetzt? Die Antwort ist so einfach wie ernüchternd: leider ist der Ursprung immer noch nicht endgültig wissenschaftlich ergründet. Trotzdem sollte unabhängige Wissenschaft versuchen, weitere Informationen zu sammeln und ergebnisoffen zu diskutieren. Ein unserer Meinung nach gelungener Beitrag hierzu ist das Buch „Das Virus“ vom Molekularbiologen Günter Theißen, der sich vehement für eine faktenbasierte Diskussion einsetzt.

Ein aktueller Aufreger ist die seit Oktober 2022 auf einem Preprint-Server zu lesende Publikation Endonuclease fingerprint indicates a synthetic origin of SARS-CoV-2, die u.a. aus Würzburg stammt. Sie zeigt die Brisanz der Fragestellung. Das Ergebnis fokussiert auf einen etwaigen Laborunfall – und wird sofort sogar in der Publikumspresse heftig diskutiert. Die Uniklinik Würzburg, der Arbeitgeber des Wissenschaftlers, hat sich rasch von den Ergebnissen distanziert, das Begutachtungsverfahren des eingereichten Papers dauert allerdings zur Zeit noch an.

Wissenschaftliche Erörterungen sind keine Schuldzuweisungen. Aber die Frage ist zu wichtig, um unbeantwortet zu bleiben. Nur so kann man Handlungsempfehlungen für den Umgang mit zukünftigen Pandemien erhalten. Denn da sind sich alle Virologen, Epidemiologen und Infektiologen einig: nach der Pandemie ist vor der Pandemie.  Um das Risiko künftiger Pandemien zu verringern, müssen wir die Wege und Möglichkeiten der Virusverbreitung verstehen und dann begrenzen.

Boom bei Videosprechstunden hält an

Corona beschleunigt digitale Lösungen. Durch die anhaltende Corona-Pandemie hält der Boom bei Videosprechstunden in Schleswig-Holstein weiter an. Das belegt eine aktuelle Auswertung der AOK NordWest: Danach wurden im Jahr 2021 insgesamt 12.882 Videosprechstunden von Versicherten der AOK NordWest mit Ärzten in Schleswig-Holstein durchgeführt. Das sind über 33 Prozent mehr als im Jahr 2020 mit 9.636 digitalen Beratungen. In 2019 ließen sich gerade einmal sieben AOK-Versicherte per Bildschirm beraten. „Die Videosprechstunden haben sich weiter etabliert. Angesichts der Infektionsgefahr mit COVID-19 konsultieren immer mehr Patientinnen und Patienten ihren Arzt digital per Video über PC, Laptop oder Smartphone. Durch die Corona-Pandemie erfährt die Digitalisierung im Gesundheitswesen einen riesengroßen Schub“, sagt Dr. Christoph Vauth, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest.

Videosprechstunden am häufigsten in der Psychotherapie. Am häufigsten nutzten Psychotherapeuten und psychotherapeutisch tätige Ärzte sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeuten in Schleswig-Holstein die Videosprechstunden. Auf dem zweiten Rang folgten Allgemeinmediziner vor der Fachgruppe Innere Medizin/Rheumatologie.

(Quelle: Pressemitteilung der AOK NordWest vom 12.07.2022, gekürzt)

Corona-Evaluation: ein Flop?

Die Pandemie hat in den letzten zwei Jahren auch in diesem Blog eine bedeutende Rolle gespielt. Erste Beiträge hatten bei uns bereits im März 2020 die „digitale“ Bewältigung der aufflammenden Pandemie zum Thema: wir berichteten ab diesem Zeitpunkt häufiger über Corona-Überwachungs-Apps und den Einsatz digitaler Technik zur Pandemiebekämpfung.

Ein langer Zeitraum, in dem man eine Unmenge an Daten hätte sammeln und auswerten können. Denn die Daten sind letztlich die Grundlage für eine wissensbasierte Entscheidungsfindung und zukünftige Maßnahmen. Nun ist im jüngst erschienen Bericht des Sachverständigenausschusses nach § 5 Abs. 9 IFSG zu lesen: „Die gezielte Erforschung der Pandemie und politische Managemententscheidungen sind ohne qualitativ hochwertige virologische, epidemiologische, klinische und soziale Daten nicht denkbar“.

Leider ist jedoch eine zentrale Erkenntnis des Berichts, dass es an diesen Daten mangelt. So richtet dieser Evaluationsversuch seinen Blick eher auf das, was hätte sein sollen.

Dazu kommt wohl noch, dass die Daten, die vorhanden sind, nicht vollständig ausgewertet werden können. Kritiker erkennen im föderalen Gesundheitssystem und im Datenschutz die Haupthindernisse einer umfassenden Analyse.

Zum Download:

EVALUATION DER RECHTSGRUNDLAGEN UND MAßNAHMEN DER PANDEMIEPOLITIK:
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/S/Sachverstaendigenausschuss/220630_Evaluationsbericht_IFSG.pdf

Corona durch Fussball?

Heute, passend zur EM 2021, geht es auch bei uns einmal um Fußball. In einer Pressemeldung des RWI-Essen (s.u.) wurden in der letzten Woche die Ergebnisse einer letztjährigen Untersuchung zum möglichen Infektionsgeschehen in Fußballstadien veröffentlicht. Selbstverständlich haben wir heute eine andere Ausgangssituation, denn nun haben wir Tests und Impfungen. Jedoch sieht man aktuell in den verschiedenen Stadien (und davor!) einen sehr unterschiedlichen Umgang mit der pandemischen Herausforderung: bei mancherorts über 50.000 Zuschauern, kaum Abstand und nur vereinzelten Maskensichtungen kann man durchaus nachdenklich werden.

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Fußball-Bundesliga: Stadionbesuche ohne konsequente Maskenpflicht führten zu mehr Infektionen

Pressemitteilung vom 12.06.2021

Zu Beginn der vergangenen Saison waren bei vielen Spielen der ersten, zweiten und dritten Fußballbundesliga Zuschauer im Stadion erlaubt. Eine neue Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der SDU University of Southern Denmark in Sonderborg untersucht die Auswirkungen dieser Events auf das Corona-Infektionsgeschehen. Das Ergebnis: Spiele der ersten Bundesliga, die mit höheren Zuschauerzahlen verbunden waren, haben zu einem statistisch signifikanten Anstieg der Neuinfektionen geführt. Der Effekt ist dabei auf jene Spiele zurückzuführen, bei denen Masken lediglich auf den Wegen zum Sitzplatz getragen werden mussten.

Das Wichtigste in Kürze:

  • An den ersten beiden Spieltagen der ersten bis dritten Fußballbundesliga der Saison 2020/21 konnten je nach Spiel bis zu 10.000 Zuschauer – bei unterschiedlichen lokalen Hygienekonzepten – ins Stadion gehen.
  • Die Studie stellt bei einer Gesamtbetrachtung aller Ligen keine signifikanten Auswirkungen der Spiele auf das Infektionsgeschehen fest. Dies ändert sich allerdings, wenn nur die Spiele der ersten Bundesliga – und mit höheren Zuschauerzahlen – betrachtet werden: Diese Spiele haben zu einer statistisch signifikant höheren Infektionsdynamik geführt.
  • Im Durchschnitt führten Erstligaspiele an den ersten beiden Spieltagen zu 0,6 Infektionen mehr pro 100.000 Einwohner pro Tag. Dies entspricht im betrachteten Zeitraum einem lokalen Anstieg der Infektionsraten um etwa sieben bis acht Prozent.
  • Hierbei stellt die Studie deutliche Unterschiede mit Blick auf die Maskenpflicht fest. Demnach ist der Effekt auf die Spiele zurückzuführen, bei denen Masken lediglich auf den Wegen zum Platz getragen werden mussten. Spiele mit strenger Maskenpflicht – d.h. permanente Tragepflicht auch am zugewiesenen Platz – haben dagegen nicht zu höheren Infektionszahlen geführt.
  • Die Studie vergleicht die lokale COVID-19-Infektionsentwicklung in den Landkreisen, in denen ein Profifußballspiel mit mindestens 1.000 Zuschauern stattfand, mit der Entwicklung in Landkreisen, in denen keine Profimannschaften beheimatet sind. Die Untersuchung ist somit unabhängig von dem in der Praxis schwierigen Nachweis der tatsächlichen Infektionsorte. Bisherige lokale Analysen, die keine Infektionen im Stadion aufgezeigt haben, bezogen sich nur auf die Infektionen, bei denen Gesundheitsämter den tatsächlichen Infektionsort nachweisen konnten.

„Die Studie deutet darauf hin, dass Sportveranstaltungen mit vielen Zuschauern ein erhöhtes Infektionsrisiko darstellen, wenn im Stadion keine konsequente Maskenpflicht gilt“, sagt Studienautor Philipp Breidenbach, stellvertretender Leiter des Forschungsdatenzentrums Ruhr am RWI. „Gute Hygienekonzepte im Stadion scheinen das Risiko wirksam zu reduzieren, zumindest bei Spielen mit begrenzter Zuschauerzahl.“

Dieser Pressemitteilung liegt die Studie „Large-scale sport events and COVID-19 infection effects: Evidence from the German professional soccer ‚experiment’“ von Philipp Breidenbach und Timo Mitze zugrunde, die in der Fachzeitschrift „The Econometrics Journal“ erscheinen wird.

App berechnet Corona-Risiko in Räumen

Das Risiko, sich in Innenräumen mit dem Coronavirus anzustecken, lässt sich mit einer Web-App jetzt zuverlässiger bestimmen als bislang. Ein Team des Göttinger Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation und der Universitätsmedizin Göttingen verwendet in der Web-App namens Human Emission of Aerosol and Droplet Statistics, kurz Heads, ein verfeinertes statistisches Verfahren, um das Ansteckungsrisiko über Aerosole zu berechnen. Die Forschenden berücksichtigen dabei auch die Größenverteilung infektiöser Aerosole und die Rate, mit der sich diese in einem Raum absetzen. Damit gibt Heads nun ein realistisches Ansteckungsrisiko durch Aerosole in nicht zu großen geschlossenen Räumen wieder. Die App trifft keine Aussage über das Risiko, sich durch Tröpfchen mit mehr als 50 Mikrometer Durchmesser zu infizieren, wenn man mit einem Virusträger auf kurze

Der wesentliche Faktor bei der Verbreitung von Sars-CoV-2 und anderer Krankheitserreger sind Tröpfchen, die Virusträger mit der Atemluft abgeben. Die Größe der Tröpfchen variiert dabei typischerweise von rund 100 Nanometern – das ist etwa der Durchmesser eines einzelnen Virus – bis zu rund einem Millimeter. Tröpfchen, die größer als etwa 50 Mikrometer sind, fallen schnell zu Boden, sodass sich das Ansteckungsrisiko durch sie minimieren lässt, indem Personen mindestens 1,5 Meter Abstand voneinander halten. Tröpfchen mit weniger als 50 Mikrometer Durchmesser – das entspricht dem Radius eines feinen Frauenhaars – trocknen schnell, werden zu leichteren Teilchen und bleiben als solche länger in der Luft. Das Göttinger Team fragte sich nun, wie hoch das Infektionsrisiko durch diese Aerosole in einem geschlossenem, gut durchmischten Raum ist, und entwickelte basierend auf eigenen Forschungsergebnissen und Erkenntnissen anderer Gruppen die Heads-App. Das Modell dahinter ist damit auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand und berücksichtigt nun vor allem die Größenverteilung der mit der Atemluft freigesetzten Aerosole werden. Wie die Forschenden an mehr als 130 Probanden gemessen haben, sind das nämlich sehr viele kleine und wenige große.

Auch für die Aerosoltröpfchen mit weniger als 50 Mikrometer Durchmesser gilt dabei: Je größer sie bei der Freisetzung sind, desto problematischer sind sie. Denn sie können mehrere Viren enthalten, was das Infektionsrisiko beim Einatmen erhöht. Durch ein statistisches Verfahren, das diesen Zusammenhang berücksichtigt, ermöglicht die Heads-App jetzt eine besonders zuverlässige Abschätzung der Virenbelastung in geschlossenen Räumen. „Mit unseren holographischen und Partikelverfolgungsmessungen kennen wir jetzt auch die großen Aerosole sehr gut“, sagt Mohsen Bagheri, Leiter einer Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation. „Damit können wir die Viruslast in einem Innenraum sehr gut bestimmen.“ Im Vergleich zu vielen ähnlichen Apps, die es weltweit gibt, ermittelt die Heads-App daher ein höheres Infektionsrisiko.

Die neue App ist derzeit auf Deutsch und Englisch verfügbar, soll aber auch noch in weiteren Sprachen veröffentlicht werden.

(Quelle: Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft vom 08.04.2021, gekürzt)

 

Originalpublikation

Freja Nordsiek, Eberhard Bodenschatz und Gholamhossein Bagheri

Risk assessment for airborne disease transmission by poly-pathogen aerosols

PLOS One, 8 April 2021

https://doi.org/10.1371/journal.pone.0248004

Luca macht das – oder?

Deutschland tut sich mit den Corona-Apps aber wirklich schwer. Die Bundes-Corona-Warn-App wurde als schon wenig nutzbringend und viel zu teuer abgeschrieben und ein neuer Stern zeigte sich am App-Himmel: die Luca-App wäre die Lösung! Einfach zu bedienen, die eigene Anwesenheit in der Gastronomie oder einer Kulturveranstaltung wird dokumentiert, Kontakte können nachvollzogen werden.

Erst vor wenigen Tagen hatte Mecklenburg-Vorpommern hat als erstes deutsches Bundesland die Lizenz für die Nutzung des Luca-Systems zur verschlüsselten Kontaktnachverfolgung einschließlich der Luca-App erworben und in Luca einen wichtigen Baustein für weitere Öffnungsschritte gesehen.

Auch ntv berichtete, dass Restaurants, Einzelhändler und Kulturveranstalter sehr große Hoffnungen auf Luca legen. Die App solle die Zettelwirtschaft beenden und die sichere Kommunikation mit den Gesundheitsämtern übernehmen. Und als Qualitätsbeweis wird erwähnt, dass das Tech-Startup Nexenio, welches die App entwickelt habe, auf hochsichere IT-Lösungen spezialisiert sei.

Und jetzt schreit die ZEIT: „Luca ist leider auch keine Lösung“. Bemängelt wird – der Datenschutz. Neben einer Datenschutzaktivistin wird auch der Chaos-Computer-Club zitiert, der Vorsicht beim Nutzen der App empfiehlt.

Wir bleiben am Thema dran und beleuchten demnächst auch Alternativen zur Luca-App.

Hausärzteverband Baden-Württemberg fordert Einbindung bei den Corona-Impfungen

(hausarzt-bw.de) Impfen ist für Hausarztpraxen originäres und fast tägliches Geschäft. Daher ist auch grundsätzlich die Corona-Impfung schnellstmöglich in die hausärztliche Praxis zu überführen. Hausärzte kennen ihre Patienten, ihre individuellen Bedarfe sowie deren Vorerkrankungen (z. B. Allergien). Die Patienten vertrauen ihnen und ihrem Urteil. Sie sind zudem Experten bei Impfreaktionen und das Hausarztpraxisteam bietet die personellen und räumlichen Ressourcen, um in die Corona-Impfungen eingebunden zu werden. Bereits bei den Testungen und den weiteren Corona-Maßnahmen haben die Praxisteams bewiesen: Mit ca. 85% aller Behandlungsfälle sind sie unsere starke Säule in der Corona-Pandemie. Daher lautet unser Credo: Hausärzten soll das Impfen in ihren Praxen ermöglicht werden, um die Impfzentren zu unterstützen und gegen die vorherrschenden Einschränkungen schneller und effizienter vorzugehen. Hierfür sind jedoch die Rahmenbedingungen, wie auch bei den Impfzentren, auszugestalten und das Impfen in großem hausärztlichen Maße vorzubereiten.

Die mit dem Impfen verbundenen Aufgaben wie beispielsweise die Impf-Aufklärung, die Dokumentationen sowie die Nachbeobachtung, inklusive der Beobachtung von anaphylaktischen Reaktionen, bedeuten einen Aufwand in Hausarztpraxen, den es adäquat zu honorieren gilt. Es kann nicht sein, dass lediglich die Materialkosten erstattet werden, denn corona-konforme Raum- und Rahmenbedingungen gilt es zu organisieren und umzusetzen, sodass auch die Finanzierung der Praxen und des Praxispersonals gesichert werden muss. Wir fordern daher eine angemessene Honorierung unserer Tätigkeiten.

Zu den Rahmenbedingungen gehört es zudem, den bürokratischen Mehraufwand für impfende Hausarztpraxen gering zu halten. Wie bei den Corona-Testungen auch, müssen Strukturen geschaffen werden, die ein flexibles und pragmatisches Handeln ermöglichen. Zudem gilt es den/die in den Hausarztpraxen zu verimpfende/n Impfstoff/e in ausreichender Menge den Hausarztpraxen zur Verfügung zu stellen. Die logistischen Arbeiten können nicht von den Hausarztpraxen übernommen werden, sondern es sollten die bewährten Strukturen auch bei der Impflogistik übernommen werden. Die Haftung für Impfschäden etc. hat, wie bei den Impfzentren, das Land zu übernehmen, wobei es damit unerheblich sein sollte, wo der Impfstoff verimpft wird.

Das dezentrale Impfen ist eine wichtige medizinische Maßnahme im Zuge der Corona-Pandemie, lassen Sie uns keine Zeit verlieren und die Rahmenbedingungen klären, damit auch wir schnell und tatkräftig durchstarten können, um weitere schwere Covid-19-Verläufe bei unseren Patientinnen und Patienten zu reduzieren.

Kommentar der Redaktion: Die Einbindung von Haus- und auch Facharztpraxen ist die einzige Möglichkeit den drohenden “Impfstau” abzuwenden. Alle offenen Fragen bzgl. Haftung oder Impf-Priorisierung (vorzugsweise durch den Arzt!) hätten längst entschieden werden können.

„COVEWS“: Künstliche Intelligenz unterstützt medizinische Prognosen

Die Max-Planck-Gesellschaft berichtet: Am Beispiel von Covid-19 sagt künstliche Intelligenz (Machine Learning) das individuelle Sterblichkeitsrisiko von Patienten voraus.

Für Ärztinnen und Ärzte sind es die wohl schwierigsten und belastendsten Entscheidungen: Gerade in der Covid-19-Pandemie müssen sie immer wieder abschätzen, wie hoch das Risiko für Patienten ist, an der Erkrankung zu sterben. Im besten Fall können sie dann die Behandlung anpassen, um die Betroffenen zu retten. Im schlimmsten Fall müssen sie knappe Ressourcen wie Intensivbetten oder lebensrettende Maschinen verteilen. Ein Team um Forschende des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme hat nun einen Algorithmus entwickelt und mit Methoden des maschinellen Lernens trainiert, um Medizinerinnen und Mediziner mit Vorhersagen der Sterblichkeit zu unterstützen. Der Algorithmus lässt sich auch nutzen, um das Sterblichkeitsrisiko bei anderen Erkrankungen vorherzusagen. Den Algorithmus nennen die Forscher Covews, kurz für Covid-19 Early Warning System.

(Quelle: PRESSEMELDUNG DER MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT VOM 16. FEBRUAR 2021, gekürzt)

Grundlegender wissenschaftlicher Beitrag:

Real-time prediction of COVID-19 related mortality using electronic health records

Patrick Schwab, Arash Mehrjou, Sonali Parbhoo, Leo Anthony Celi, Jürgen Hetzel, Markus Hofer, Bernhard Schölkopf & Stefan Bauer

Nature Communications volume 12, Article number: 1058 (2021)

https://www.nature.com/articles/s41467-020-20816-7

Corona-Weihnacht 2020

Im letzten Dezember war noch der Klimawandel omnipräsent. Wir hätten es nicht für möglich gehalten, dass dieses seinerzeit so beherrschende Thema nur Wochen später medial implodiert – und Platz macht für eine ganz akute Lebensbedrohung.

Die COVID-19-Krise fand relativ rasch Einzug in unserem Blog, über zwanzigmal haben sich unsere Beiträge diesem Themenkomplex direkt gewidmet oder seine indirekten Auswirkungen betrachtet. Wobei wir natürlich immer versuchen, etwas zu bringen, was unsere User nicht ohnehin jeden Tag in den Zeitungen lesen können.

Beispielsweise, dass das Auftragen von Kosmetik den Fieberscanner am Flughafen täuschen kann; dass Ransomware die Intensivstationen bedroht, als ob deren Auslastung nicht ohnehin schon beängstigend genug wäre; dass Tracing-Apps eigentlich eine gute Sache sind, aber die Effizienz bei uns dem Datenschutz geopfert wird.

Die Corona-Pandemie hat einige Versäumnisse in der Ausstattung der Gesundheitsämter offenbart. Dazu kam eine fast unerträgliche Vielstimmigkeit (selbsternannter) Experten auf den Gebieten der Virologie, Epidemiologie, Infektiologie und des Gesundheitswesens. Forderungen lassen sich leicht formulieren, wenn man sie selbst nicht umsetzen muss. Wissenschaft lernt durch Fehler, man muss allerdings auch bereit sein, diese zuzugeben.

Der kürzlich in THE LANCET veröffentlichte Aufruf der Wissenschaftler appelliert an ein sich als Einheit verstehendes Europa, das gemeinsam konkrete Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung ergreifen soll – Wunschdenken?

Trotz aller Skepsis erlaubt zumindest die nun endlich erfolgte Zulassung des ersten Impfstoffs einen zuversichtlicheren Blick auf das Jahr 2021. Hoffen wir, dass wir dann im Jahresrückblick ganz andere Themen aufgreifen können.

Wir wünschen Ihnen einen guten Start und informieren Sie ab Mitte Januar 2021 wieder über spannende Entwicklungen in der Medizin.

Ihr

medicallearning.de-Team