Telemedizin hilft Patienten mit Herzinsuffizienz

Herzinsuffizienz ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland, mehr als 45.000 Menschen sterben jährlich daran. Um die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz auch im ländlichen Raum zu verbessern, bietet das Klinikum Nürnberg über sein Ambulantes BehandlungsCentrum (ABC) am Klinikum Nürnberg Süd seit Herbst 2022 ein telemedizinisches Versorgungsmodell an. 25 Patienten sind bereits in dem in der Metropolregion Nürnberg bislang einmaligen Telemonitoringzentrum Herzinsuffizienz eingeschrieben.

Und so funktioniert das Telemonitoring: Die teilnehmenden Herzinsuffizienzpatienten – sie werden vom Hausarzt, Kardiologen, Pneumologen, Kinder- oder Jugendarzt am Telemedizinzentrum des Ambulanten BehandlungsCentrum (ABC) am Klinikum Nürnberg Süd eingeschrieben – erhalten zunächst die entsprechende technische Ausstattung. Dazu gehören Tablet, Waage und Blutdruckmessgerät. Ab da messen sie täglich Vitalfunktionen wie Blutdruck und Gewicht und speisen diese zusammen mit einer Aussage über ihr Allgemeinbefinden via Tablet in die digitale Herzinsuffizienz-Plattform ein, wo die Daten von einer speziell geschulten medizinischen Fachkraft ausgewertet werden. Weichen Werte von der Norm ab, informiert die koordinierende kardiologische Praxis am Ambulanten BehandlungsCentrum (ABC) des Klinikums Nürnberg den behandelnden Arzt, der dann die Maßnahmen anpasst. Sind Grenzwerte deutlich überschritten, löst das System automatisch Alarm aus und der Patient bzw die Patientin wird umgehend von einem Arzt oder dem Notdienst kontaktiert.

Von der telemedizinischen Patientenbetreuung am Ambulanten BehandlungsCentrum des Klinikum Nürnberg sollen insbesondere auch Herzinsuffizienz-Patientinnen und -Patienten im ländlichen Raum profitieren, die vielleicht einen längeren Weg zum nächsten Arzt haben und sich im Alltag mehr Sicherheit im Umgang mit der chronischen Erkrankung wünschen. „Ein Großteil unserer stationären aber auch ambulanten Patientinnen und Patienten am Herz-Gefäß-Zentrum kommt aus der Metropolregion“, betont Prof. Dr. med. Matthias Pauschinger. „Sie partizipieren so am digitalen Fortschritt in der Medizin.“

 

(Quelle: Pressemitteilung des Klinikums Nürnberg vom 10.03.2023, gekürzt)

Digitale Ignoranz birgt Risiken und Nebenwirkungen

Das neue Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) hebt u.a. den erheblichen Rückstand Deutschlands bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens hervor: „Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei der Digitalisierung weit hinter anderen europäischen Ländern zurück. Gerade die aktuelle Coronakrise hat schonungslos aufgezeigt, dass das deutsche Gesundheitssystem massive Defizite bei der Digitalisierung aufweist“, so Prof. Dr. Irene Bertschek, Forschungsbereichsleiterin am ZEW in Mannheim und Mitglied der Expertenkommission. Sie verweist auf die großen Innovations- und Wertschöpfungspotenziale, die mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens verbunden sind: „Unsere Analyse zeigt, dass digitale Technologien die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern können. Zudem eröffnet die zunehmende Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten in Verbindung mit modernen digitalen Analyseverfahren neue und weitreichende Möglichkeiten für eine stärker personalisierte Diagnostik und Therapie.“

Diese hohen Potenziale werden in Deutschland bisher allerdings verschenkt. So stellt die Expertenkommission fest, dass die Struktur des Gesundheitssystems in Deutschland ein zentrales Hemmnis für die Digitalisierung darstellt. „Die Vielzahl von Akteuren mit verteilten Verantwortlichkeiten behindert die Digitalisierung im Gesundheitswesen ungemein“, so Prof. Dr. Uwe Cantner von der Universität Jena und Vorsitzender der Expertenkommission. Zudem erschwert die bisher noch geringe Akzeptanz bei Leistungserbringern die flächendeckende Nutzung digitaler Gesundheitsanwendungen. „Bei Gesundheitsdaten besteht, mehr als in anderen Bereichen, ein Spannungsverhältnis zwischen IT-Sicherheit und Datenschutz auf der einen und den Potenzialen der Datennutzung auf der anderen Seite,“ so Uwe Cantner. „Innovationen im Bereich der personalisierten Medizin und weitreichende Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung werden so ausgebremst.“

Empfehlungen der EFI an die Bundesregierung

  • Digitalisierungsstrategie entwickeln und rasch umsetzen
  • Innovationspotenziale von Gesundheitsdaten ausschöpfen
  • Nutzung von Telemedizin und digitalen Gesundheitsanwendungen voranbringen
  • Bessere Rahmenbedingungen für die Digitalisierung schaffen

 

(Quelle: Pressemitteilung der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) vom 09.03.2022, gekürzt)

Vokale Biomarker – Diagnose über die Stimme

Heute möchten wir unseren Lesern ein Thema vorstellen, dass in manchen Trendanalysen zu den zukünftigen, technologischen Entwicklungen im Medizinbereich immer wieder zu finden ist: vokale Biomarker. Ihnen wird ein großes Potential im diagnostischen Einsatz prognostiziert.

Worauf basiert die Annahme? Bei manchen Krankheiten kann die Stimme eines Menschen verändert sein, dies kann bei Erkrankungen des kardiopulmonalen Systems ebenso zutreffen wie bei psychisch-neurologischen Problemen. Vokale Biomarker können also Informationen über den Gesundheitszustand verraten.

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz macht es nun möglich, dass Stimmanalysen beispielsweise im COVID-Screening eingesetzt werden. VocalisCheck ist eine solche Softwarelösung, die zwar noch auf ihre US-Zulassung für das Screening wartet, aber erste Studienergebnisse bereits Hoffnung weckten bzgl. der Sensitivität und der Spezifität.

Die Anwendung kann die Stimme einer Person, deren COVID-19-Status unbekannt ist, ohne zusätzliche Informationen oder Vorkenntnisse über den einzelnen Nutzer bewerten. Der „Patient“ spricht eine Textpassage in sein Smartphone, die Software nutzt eine Cloud-basierte Algorithmus-Datenbank zu Analyse.

Die Vorteile eine solchen Systems sind klar erkennbar: keine Wartezeiten, keine invasiven Maßnahmen, Telemedizin. Ein Umsatzmilliarden versprechendes Segment und ein Tummelplatz für Start-Ups.

Den möglichen Einsatz von vokalen Biomarkern bei psychischen Erkrankungen werden wir demnächst näher betrachten.

Ausschließliche Fernbehandlung: Pro und Contra

Pressemeldung der Bundesärztekammer vom 10.5.2018: „Der 121. Deutsche Ärztetag in Erfurt hat heute mit überwältigender Mehrheit eine Neufassung des § 7 Absatz 4 der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte beschlossen und damit den berufsrechtlichen Weg für die ausschließliche Fernbehandlung von Patientinnen und Patienten geebnet. (…)“
Die Neuregelung wurde bekannterweise schon beim letzten Ärztetag eingefordert. Nun wurde sie verabschiedet. Welche Auswirkungen die Änderung der Berufsordnung haben wird, muss sich in der Praxis noch zeigen. Die zuständigen Landesärztekammern müssen ohnehin in ihrem Einflussbereich die Änderungen umsetzen, was erfahrungsgemäß sicherlich 1 -2 Jahre dauern wird. Die Zukunft beginnt also nicht gleich morgen. Ärztefunktionäre stellten aber schon klar, dass der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt weiterhin den `Goldstandard` ärztlichen Handelns darstellen soll.

Anbieter von Digital-Lösungen im Gesundheitswesen erhoffen sich neue Absatzchancen, Krankenkassen und Verbraucherorganisationen unterstützen telemedizinische Anwendungen, wie z. B. die Online-Sprechstunde. Bei zu befürchtender rückläufiger ärztlicher Versorgung in manchen ländlichen Regionen, kann ohne technologische Lösungen nicht mehr geplant werden. Erreichbarkeitsanalysen (wie kommt der Patient zum Arzt?) zeigen ja bereits jetzt, dass es auch in den alten Bundesländern bereits Versorgungslücken gibt.

Also: völlig freie Fahrt in die telemedizinische Zukunft? Nicht ganz. Die „Freie Ärzteschaft“ meint: „Fernbehandlung soll nicht die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens durch kapitalorientierte Gesellschaften verstärken und beispielsweise in Callcentern stattfinden“. Krankschreibungen im Rahmen ausschließlicher Fernbehandlung sollen deshalb nicht stattfinden.

Wie stehen denn eigentlich die User (als potentielle Patienten) in den Online-Foren zum Thema? Die sehen deutliche Vorteile wie den Wegfall der Anfahrt zur Praxis oder die geringere Wartezeit. Sind aber auch skeptisch bzgl. der Qualifikation des Call-Centers, des Datenschutzes und sorgen sich, dass Hausbesuche eines Tages völlig durch die Gesundheits-IT übernommen werden könnten.
Hier entsteht gerade ein neuer, großer Markt innerhalb des Gesundheitswesens. Telemedizin-Anbieter, wie die Schweizer Medi24, freuen sich über die Wachstumschancen.